Die Passauer Dozentin am Sprachenzentrum der Uni Passau, Véronique Coiffet (re) und die Münchner Pfarrerin im Schuldienst, Andrea Rückert (li) sind Mitglied bei Letzte Generation. Sie diskutierten mit den Pfarrerinnen und Pfarrern ihre umstrittene Protestform im Evangelischen Zentrum.
Passau. „Es soll kein bleibender Schaden entstehen oder jemand beschädigt werden“ das versicherten die beiden Vertreterinnen der Klimainitiative Letzte Generation, Andrea Rückert, Pfarrerin in München und Véronique Coiffet, Dozentin an der Universität Passau am Mittwoch, 19. April auf der Dekanatskonferenz im Evangelischen Zentrum. Dekan Jochen Wilde hatte die beiden als Referentinnen zum Thema „Was macht die Letzte Generation und Warum?“ eingeladen.
In den letzten Monaten wurden vor allem die Klebeaktionen der Letzten Generation heftig kritisiert, Politiker versuchten die Klimainitiative in die Ecke der Kriminalität zu reden, in den sozialen Netzwerken gab es Morddrohungen, berichtetet die Referentinnen. Das alles zeige die notwenige Auseinandersetzung mit diesem Thema, so Dekan Wilde im Gespräch. Die Kirche könnte hierbei eine vermittelnde Rolle einnehmen, Gesprächsräume zu Verfügung stellen und bei problematischen Reaktionen als Zwischenrufer fungieren.
Der Blick auf die offensichtlichen Folgen der Klimaveränderungen bei uns und vor allem in den Ländern des Südens mit Dürren, Flutkatastrophen, Hitzewellen, Wasserknappheit und Waldbränden, auch die Klimaangst vieler junger Menschen, die aus dem Gefühl der Ausweglosigkeit keine Kinder mehr wollen brachte sowohl Andrea Rückert und Véronique Coiffet dazu sich bei der Klimainitiative zu engagieren. Hinzu kam der Mangel an Bereitschaft der Politik ernsthaft auf die anrollende Klimakrise zu reagieren um Schlimmstes zu vermeiden. Es werde zu viel geredet und versprochen und zu wenig getan, so die Klimaaktivistinnen. Wir sind die „Letzte Generation“ die den Klimawandel noch effektiv eindämmen können.
Inspiriert von einer kleinen Gruppe von sieben Hungerstreikenden im Spätsommer 2021 sei Letzte Generation entstanden und schnell zu einer Protestbewegung gewachsen. Mit zivilem Ungehorsam zum Beispiel in Form von Klebeaktionen sei ihr Versuch der Politik Beine zu machen. Ziviler Ungehorsam, eine überlegte und gezielte Übertretung von Gesetzen, wenn ethische Gründe vorliegen, sei schon immer ein wichtiger Bestandteil von Demokratie und Motor von Veränderungen gewesen. Als ein von mehreren Beispielen nannten die Referentinnen den Kampf um das Wahlrecht der Frauen vor über 100 Jahren.
Die Straßenblockade sei die bekannteste Protestform von Letzte Generation, aber nur eine von vielen weiteren. Untersuchungen zeigten, dass über 50 Prozent der jungen Menschen ihrem Protest zustimmten. Bei alten Menschen liege die Ablehnung bei 80 Prozent. Natürlich diskutierten sie ihre Aktionen selbstkritisch und wären erfreut zu erfahren, was man anders machen könnte. Und überhaupt wäre es ihnen lieber die verantwortlichen Politiker würden gegen den Klimawandel was tun und sie könnten das Ankleben lassen.
Text und Foto Hubert Mauch