Zusammen mit den Kolleg*innen im Ruhestands feierten die Mitglieder der Dekanatskonferenz am Montag, 9. Dezember, eine geistlich-besinnliche Andacht in der in der evangelischen Stadtpfarrkirche. Dekan Jochen Wilde und Vertrauenspfarrerin Sonja Sibbor-Heißmann gestalteten die Andacht liturgisch, Kirchenmusikdirektor Ralf Albert Franz musikalisch.
„Nimm’s gelassen, vergiss deinen Perfektionismus“ zitierte Dekan Wilde in seiner Ansprache, die durch das Lied „Anthem“ vorn Leonard Cohen zweigeteilt wurde, den kanadischen Liedermacher, denn „alles in der Welt hat irgendwo einen Riss“. Anthem - übersetzt Hymne oder Choral - sei eine Hymne auf den Riss. In allem was wir wahrnehmen und was die Welt ausmache, sei ein Riss, ein Kratzer, ein Bruch. „Aber es sind genau diese Risse und Sollbruchstellen – dort, wo etwas aufbricht – das sind genau die Stellen, an denen das Licht hereinbrechen kann. Deshalb verdienen sie besondere Wertschätzung und Beachtung!“
Die Tische im Evangelischen Zentrum waren adventlich deckt
Zehn Jahre habe Leonhard Cohenam Text von „Anthem“ gearbeitet und dabei selbst mit seiner Religion gerungen. Herausgekommen sei eine Absage an jede Form religiöser Überhöhung und Verklärung, sagte Wilde bei der vorweihnachtlichen Andacht. „Misstraut dem frommen Schein! Erliegt nicht dem Pathos der Innerlichkeit oder Rührseligkeit…“ ruft Dekan Wilde seinen Kolleg*innen zu. Begriffe und Werte müssten in Erfahrungen und Erzählungen übersetzt werden. „Erzählen wir also davon: Wie sich die ‚Herrlichkeit des Herrn‘ anfühlt, wie das ‚Friede auf Erden‘ klingt, wo wir dem ‚neugeborenen Heiland‘ begegnen können!“
Der Auftrag sei „Weltzuwendung“ und keine „Weltabwendung“ in Form verlogener Weihnachtsidylle. Risse und Bruchstellen seien kostbar und sollten nicht mit frommen Pflastern oder belanglosen Bibelzitaten zugekleistert werden. Durch den Riss komme das Licht herein und die Möglichkeit zur Umkehr, zur Auferstehung, zur Heilung. Dass der Himmel selbst einen Riss bekomme, das sei die „eigentlich revolutionäre Botschaft des Advent“ - nachzulesen im Evangelischen Gesangbuch Lied 7 Vers 1.
Bei Kaffee und Tee, Lebkuchen und Christstollen und intensiven Gesprächen über Gott und die Welt klang die vorweihnachtliche Dekanatskonferenz im Evangelischen Zentrum aus.
Text und Foto: Hubert Mauch