Die Schatten der Vergangenheit

Vortrag im Evangelischen Zentrum zum Massaker von Nammering
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Verena Hartmann (li) und Andreas Schmal (re) vom DGB geben Einlicke in die Verbrechen der Nationalsozialisten in Niederbayern.
Es ist wenig bekannt, aber vor 80 Jahren am Ende des Zweiten Weltkrieges, fand nur 25 Kilometer von Passau entfernt das größte Verbrechen der Nationalsozialisten in Niederbayern statt: das Massaker von Nammering. Die Gewerkschaften hatten dazu am Mittwoch, 19. Februar, zu einem Vortrag ins Evangelische Zentrum eingeladen. Seit 10 Jahren erinnern die Gewerkschaften an dieses Massaker, denn viele der Häftlinge in Buchenwald waren Gewerkschafter.
Der Todeszug von Buchenwald war ein Endphasenverbrechen der Nationalsozialisten. Vom 7. bis zum 28. April 1945 fand dieser Eisenbahntransport mit rund 5.000 KZ-Häftlingen in 34 Waggons vom KZ Buchenwald zum KZ Dachau statt, berichtete Andreas Schmal, Geschäftsführer des DGB Niederbayern, Im April 1945 stand der Eisenbahntransport tagelang im damaligen Bahnhof von Nammering. Darin eingepfercht waren KZ-Häftlinge. Sie verbrachten qualvolle Tage voller Angst zwischen Leben und Tod und wurden von SS-Männern brutal gefoltert und erschossen. Viele verhungerten auf grausame Weise. Für 794 von ihnen war Nammering die letzte Station. Heute befinden sich an diesem Ort ein Mahnmal und ein Gedenkstein. Zudem mahnt ein „Gleis der Erinnerung“, diese Schreckenstage nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Es handelt sich um das wohl größte Einzelverbrechen der Nationalsozialisten in Niederbayern.
Der Vortrag beleuchtete dieses wenig bekannte Verbrechen. Anhand von Zeitzeugenberichten - vorgetragen von Verena Hartmann vom DGB Passau - Bildern und Filmen wurde der Weg des Zuges von Buchenwald über Nammering, bis zur Ankunft in Dachau und die Zeit danach nachgezeichnet und in den Kontext der letzten Wochen des NS-Regimes gestellt. Dabei wurde die ungeheure Brutalität der SS-Schergen deutlich.
„Viele Menschen müssen damals gewusst haben, was in den Konzentrationslagern geschah“ so Schmal. Es gab nicht nur unendlich viele Lager mit Außenlagern, sondern die KZ-Häftlinge wurden wie Sklaven an Firmen und Privatleute vermietet und verkauft. Es gab „Bestellzettel“ für Arbeitskräfte, um zum Beispiel einen Saustall ausstreichen zu lassen, erläuterte der Gewerkschafter in seinem Vortrag.
Die Häftlinge waren bereits 20 Tage ohne Essen unterwegs, 250 Tote lagen in den hinteren Waggons. Leichen wurden auf einem Rost aus Eisenbahnschienen verbrannt, Tag und Nacht gab es Erschießungen, berichteten Zeugen aus Nammering. Von 5009 Häftlingen kamen nur 816 lebend in Dachau an. 2000 Menschen lagen tot in den Waggons. Nur wenige der Täter wurden verurteilt.
Am 10. Mai, 80 Jahre nach Kriegsende, findet an der Gedenkstätte in Nammering eine Gedenkveranstaltung statt, ergänzte Mitorganisator Robert Scherer von der IG Metall. „Diese Verbrechen dürfen nicht vergessen werden“, denn damals das Verbrechen mit einem „die sind anders als wir“ angefangen. Worte, die gerade aus dem Lager der Rechtspopulisten und rechtextremer Parteien wieder zu hören sind. Die Parallelen sind unübersehbar.
Text und Foto: Hubert Mauch