Ökumenischer Gedenkgang an Dietrich Bonhoeffers 80. Sterbetag in Schönberg. Dekan Jochen Wilde (v. r.), Domkapitular Gerhard Auer, Pfarrerin Sonja Schuster, Dekan Magnus König und Pfarrvikar Antony Kurisingal bei der Andacht in der Pfarrkirche St. Margareta.
Schönberg. Tage im aufkeimenden Frühling. Tage der Hoffnung, die aber in den frühen Morgenstunden des 9. April 1945 ihr trauriges Ende fanden. Immer noch macht der Tod des Pfarrers Dietrich Bonhoeffer fassungslos und traurig, der in den letzten Tagen des NS-Regimes grausam ermordet wurde. Der tiefgründige Seelsorger hätte der Welt noch sehr viele gute Gedanken schenken können. Dass der großartige Theologe und Widerstandskämpfer ein bleibendes Vermächtnis hinterlassen hat, wurde anlässlich seines 80. Todestages in Schönberg mit einem Gedenkgang und in einer ökumenischen Andacht ehrenvoll gewürdigt.
„Die Glocke unserer Dietrich Bonhoeffer-Kirche läutet heute für einen großen Theologen“, begrüßte Pfarrerin Sonja Schuster zahlreiche Gäste, darunter Landrat Sebastian Gruber und Bürgermeister Martin Pichler und viele Geistliche, an der Dietrich Bonhoeffer-Kirche zum traurigen aber wichtigen Gedenktag. Sie erklärte, dass in die Glocke die Bibelstelle eingegossen ist, über dessen Text Bonhoeffer in Schönberg seine letzte Andacht gehalten hat. Die Glocke erinnere immer wenn sie läutet auf besondere Weise an Dietrich Bonhoeffer. „Heute erinnert das Geläut an seine Hinrichtung vor 80 Jahren in Flossenbürg.“
Gedenkstein vor der Dietrich Bonhoeffer-Kirche
Schweigend und mit stillem Gebet machte sich die Gruppe vom Dietrich Bonhoeffer-Gedenkstein auf den Weg zur Regener Straße zur ehemaligen Mädchenschule, in der Bonhoeffer untergebracht war und Bürgermeister Pichler einen Kranz niederlegte. Er sagte, dass man mit gemischten Gefühlen an diese Zeit zurückdenke. Hier habe Bonhoeffer trotz der unbarmherzigen Bewachung, dem Hunger und der Unsicherheit als Gefangener auch schöne Momente genießen können, wie beispielsweise die Gemeinschaft mit den Mithäftlingen. Hier sei aber auch der Ort, an dem die Gestapo vorfuhr und Bonhoeffer sowie General von Rabenau von ihren Gefährten trennte, abführte und nach Flossenbürg brachte. „Die Nationalsozialisten haben in ihrem Untergang viele tausend Gegner noch kurz vor Ende mitnehmen können. Aber die Erinnerung an diese mutigen Menschen wie Dietrich Bonhoeffer nicht!“, so Pichler.
Die Gedenkandacht in der Pfarrkirche St. Margareta wurde von Domkapitular Gerhard Auer, Dekan Jochen Wilde, Dekan Magnus König, Pfarrerin Sonja Schuster und Pfarrvikar Antony Kurisingal gefeiert. Der Kirchenchor gemeinsam mit dem Chor Cantando unter der Leitung von Regionalkantor Tobias Klein begleitete die Andacht beeindruckend mit Liedern wie „Wir sehnen uns nach Frieden“, was damals wie heute nicht aktueller sein könnte.
Domkapitular Auer erinnerte daran, dass Bonhoeffer zu einem Mitgefangenen beim Abschied sagte: „Das ist das Ende, für mich der Beginn des Lebens“, was zeige, dass Bonhoeffer ein glaubensfester Mann war, der sich in dieser schweren Stunde auch auf Gott und die christliche Hoffnung und Auferstehung verlassen habe.
Dass Gott in dunklen Zeiten die Menschen nicht alleinlasse und Menschen schicke, die Licht bringen, erläuterte Dekan Magnus König und ermutigte, seinen Geist der Nächstenliebe und der Zuwendung weiterzugeben und besonders die Schwachen und Opfer einer Gesellschaft nicht aus den Augen zu verlieren.
„Dietrich Bonhoeffer wusste woher seine Kraft zum Widerstand kam. Er wusste, dass Gott jedem Menschen – auch in großer Not – beisteht“, ergänzte Pfarrerin Sonja Schuster und betete mit Bonhoeffers Worte: „In mir ist es finster, aber bei dir ist Licht. Ich bin unruhig, aber bei dir ist Frieden. Du hast mir viel Gutes erwiesen, lass mich nun auch das Schwere aus deiner Hand hinnehmen.“
Die Lesungen aus dem Buch des Propheten Jesaja und dem Petrusbrief, die Bonhoeffer in seiner letzten Andacht für seine Mitgefangenen verlas, wurden bei der Gedenkandacht von Pfarrvikar Antony Kurisingal und Domkapitular Auer vorgetragen. Mit dem Bekenntnis des Glaubens in den Worten von Dietrich Bonhoeffer wurde geantwortet.
Dekan Jochen Wilde und Domkapitular Gerhard Auer segnen in der St. Margaretakirche die Besucher der Gedenkfeier.
„Wir gehen einer völlig religionslosen Zeit entgegen“, so die kühnen, visionären und aufrüttelnden Gedanken von Bonhoeffer, an die Dekan Jochen Wilde in seiner Predigt erinnerte und das religiöse Selbstverständnis radikal infrage stellte. Zudem könnte sich Dekan Wilde vorstellen, dass Bonhoeffer heute auf der Seite der Klimaaktivisten stünde. Auf der Seite derer, die für menschenfreundliche, demokratische, offene und mündige Gesellschaft auf die Straße gehen. „Ich glaube, unsere Kirche hat bis zum heutigen Tag die Lektion bei weitem noch nicht gelernt, die dieser bewundernswerte Mensch und großartige Theologe den Christen und seiner Kirche hinterlassen und aufgetragen hat“, so Wilde. Des Weiteren merkte Wilde an, dass das Motto des Gedenken an den 80. Todestag von Bonhoeffer „grenzenlos hoffen“ der wichtigste Impuls sei, den Bonhoeffer heute, in dieser in so vieler Hinsicht verrückten Zeit, geben könne: Diese Hoffnung zu entdecken und – wie er sagt, „hemmungslos und grenzenlos hoffen zu lernen“.
Nach den Fürbitten, die Ehrenamtliche der katholischen und evangelischen Kirche vortrugen, endete die Andacht mit dem wohl bekanntesten Kirchenlied mit Bonhoeffers Zeilen, das seit jeher Menschen Halt und Zuversicht gibt: „Von guten Mächten wunderbar geborgen!“
Text: PNP/Olga Behringer Fotos: Hubert Mauch