Wer das liest, ist behindert

AK Inklusion
Bildrechte Corinna Meurer

Spannende Diskussion über Un-Sichtbare Einschränkungen in der Kirchengemeinde St.-Johannes Grubweg


Was sind unsichtbare Einschränkungen, was ist Neurodiversität und wie gehen wir damit um?
Zu diesem Thema lud Pfarrer Jonathan Steensen am Dienstagabend, 26. November, im Namen des Arbeitskreises Inklusion in den Gemeinderaum der St.-Johannes-Kirche Grubweg ein.

Das Gespräch eröffnete Andrea H. Die diplomierte Psychologin berichtete von ihrer im Er-wachsenenalter erhaltenen Diagnose „Asperger Autismus“. Bis zu dieser Diagnose, zu der sie auf Umwegen und durch eigene Recherchen fand, war ihre Erkrankung für sie selbst beinah genauso unsichtbar wie für ihr Umfeld. Einzelne Anzeichen, wie etwa Probleme mit dem Zeitmanagement, Aufschieberitis oder Nervosität vor Auftritten in der Öffentlichkeit sind schließlich vielen Men¬schen ein Begriff und lassen nicht gleich auf Autismus schließen.

In der folgenden Diskussion kamen schnell weitere unsichtbare Einschränkungen zur Sprache, wie Armut, Einsamkeit oder Lernbehinderung (und auch Hochbegabung). Des Weiteren physische (Schwerhörigkeit, Diabetes etc.) aber auch psychische Erkrankungen wie Demenz, Depression und Sucht. In den Gesprächen des Abends ging es immer wieder auch um das Schamgefühl das Betroffene dabei empfinden.

„Aber wie gehen wir nun damit um? Welche Form von Inklusion braucht es oder ist die nur bei offen¬sichtlichen Einschränkungen gefragt? Was kann die Gesellschaft, was kann unsere Gemeinde an¬bieten?“, gab Pfarrer Steensen an die Gesprächsrunde weiter. „All dies – aber auch die Reaktionen des Umfelds – können Menschen durchaus dabei behindern, sich leicht zu integrieren“, bestätigte Andrea H. „Allein, dass man ohne Scham dabei sein darf und über seine Probleme sprechen kann, sei ein erster Schritt.“, meinte eine der Teilnehmenden.

Grundsätzlich – so das Fazit des Publikums - benötigen wir als Gesellschaft mehr Offenheit, ohne zu bedrängen, mehr Verständnis, ohne vorschnell zu bewerten und mehr Normalität, ohne ins Mit¬leid abzudriften. Letztendlich Dinge, die wir uns ALLE wünschen. Wer kann schon von sich sa¬gen, man habe keine Herausforderungen und Barrieren im Leben zu meistern?

Wie also erreichen wir den Normalzustand der Inklusion? Wie können wir die Barrieren und Vor-Urteile in unseren Köpfen abbauen? Diese Aufgabe stellte sich der Arbeitskreis am Ende des Abends und erörterte schon die ersten Ideen für neue Begegnungen in der Gemeinde.

„Ein besonderer Abend mit tollen persönlichen Beiträgen“, lobte eine Teilnehmerin zum Ab-schluss. Mit Vorfreude auf das nächste Treffen und den ersten kreativen Vorschlägen im Gepäck verabschiedeten sich Pfarrer Steensen und Andrea H. von allen Gästen.

Das nächste Treffen des Arbeitskreis Inklusion findet am 25. Februar (Dienstag) um 19 Uhr im Gemeinderaum der Kirchengemeinde Passau St. Johannes statt. (Obere Schneckenbergstr. 24 - Passau Grubweg)
Text und Foto: Corinna Meurer


AK Inklusion: Ziel des Arbeitskreises Inklusion ist es, dem Rechnung zu tragen, was wir schon längst sind: eine inklusive und “bunte Gemeinde, die für alle Menschen da sein möchte. Ganz wie es uns Jesus aufgetragen hat”, so Pfarrer Dr. Steensen.

Der AK Inklusion besteht aus Kirchenvorständen, Mitgliedern der Gemeinde oder auch Teilnehmenden aus Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten.

Zu uns gehören alle Menschen – ob mit einer gesundheitlichen Einschränkung oder ohne, unabhängig von der Hautfarbe, Herkunft oder sexueller Bestimmung, ob von Armut bedroht oder finanziell sorgenfrei, ob angekommen oder auf der Suche nach einem Neuanfang.

Gründungsanlass waren die Baumaßnahmen zum neuen, barrierefreien Gemeindehaus und Außenbereich, bei denen sich die Gemeindefamilie im Rahmen des Arbeitskreises Inklusion mit einbringen durfte und dem Bauteam bei der Planung mit Tipps und eigenen Erfahrungen zur Seite stand: Vom zweiten Treppengeländer bis hin zum rollstuhlgerechten Kircheneingang – an alles wurde hierbei gedacht!

Der Arbeitskreis trifft sich regelmäßig, um ein vielseitiges Angebot und die Teilhabe ALLER an Festen und Gottesdiensten, Initiativen und Veranstaltungen zu gewährleisten.