Ein Leben in Briefen

Paulus
Bildrechte Wenzel

Mit dem Apostel Paulus beschäftigt sich im Wintersemester die Evangelische Studierendengemeinde (ESG) in Passau in einer Veranstaltungsreihe. Zum Auftakt am Donnerstag, 7. November hatte die ESG den Referenten für Theologie, Hochschule und Genderpolitik der Bundes-ESG, Dr. Uwe-Karsten Plisch (Mitte), zu Gast.
Nach einem gemeinsamen Abendessen begann im neuen ESG-Saal unter dem Thema »Paulus – Ein Leben in Briefen« eine Tour d'Ho¬ri¬zon durch die historisch-kritische Forschung zu Paulus und den Briefen des Neuen Testaments: Wie steht es um die Quellenlage? Was wissen wir über die Person Paulus und sein Leben? Wie lassen sich die Briefe zeitlich, inhaltlich und intentional kategorisieren? Welche Briefe stammen tatsächlich von Paulus selbst und welche sind sog. „Pseudepigraphen“, die Jahre nach seinem Tod von Schülern unter seinem Namen verfasst wurden? Gab es unter seinen Nachfolgern so etwas wie „Rechts- und Linkspauliner“? Welchen Einfluss hatte sein Umfeld, insbesondere die von der späteren Kirchengeschichte unter den Teppich gekehrten und vertuschten Frauen, auf sein Wirken?
Und nicht zuletzt, wie lange brauchte eigentlich ein Brief per Postkurier von Korinth nach Ephesus zur damaligen Zeit? Eine Antwort darauf lieferte das Tool ORBIS von der Stanford University, eine Art „Google Maps“ für das Römische Reich, über das nicht wenige Teilnehmerinnen und Teilnehmer staunten. Seinen krönenden Abschluss fand der Vortrag in der kritischen Textanalyse einer der kontroversesten Stellen des Neuen Testaments, der Passage zur Rolle der Frau im Gottesdienst im 1. Korintherbrief 11,2ff.  Gemeinsam vollzogen die Teilnehmenden dabei nach, wie sich Paulus beim Diktieren des Briefes in seinen eigenen Gedankengängen und Argumenten verhedderte und was uns das für eine historisch-kritische Bibelauslegung lehrt. Ein anregender Abend für alle, wie sich auch an den vielen Fragen und dem regen Gedankenaustausch im Anschluss an den Vortrag zeigte.
Übrigens brauchte der Kurier des Paulus von Korinth nach Ephesus und unter Optimalbedingungen im Frühjahr 3-4 Tage. Schneller ist die Post heutzutage auch nicht.
Mit „Paulus, was hast du erfahren?“ geht es weiter am 12. Dezember, 19.30 Uhr im ESG-Raum, Nikolakloster, Innstraße 40 und mit der Passauer Theologin Dr. Andrea Pichlmeier.
Text und Fotos: Markus Weizel