Ein leuchtendes Zeichen gegen rechte Hetze haben am Freitagabend, 22. März in Passau rund 1000 Menschen mit einer langen Lichterkette an Inn und Donau gesetzt. Das Bündnis für Demokratie und Vielfalt rief dazu auf, unterstützt von einer ganzen Reihe von Vereinen, Institutionen, Parteien, Firmen, Gewerkschaften und Kirchen.
Junge, Menschen mittleren Alters, aber auch viele ältere Menschen, Eltern mit Kindern und sogar der ein oder andere Vierbeiner marschierten mit, vom Klostergarten an Inn und Donau entlang zur Ortspitze. Sie setzten mit Handylichtern, Taschenlampen und Kerzen ein eindrucksvolles Zeichen gegen Rechtsextremismus und rechte Hetzkampagnen.
Bei Einbruch der Dämmerung testeten die Kundgebungsteilnehmer schon mal ihre Lichter im Klostergarten.
„In vielen Orten sind Hunderttausende auf die Straße gegangen, um für Demokratie und gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus zu demonstrieren. In den Umfragen sehen wir, dass die AfD an Zuspruch verloren hat, doch sie ist immer noch deutlich zu stark. Rassismus und Antisemitismus sind leider auch in der Mitte der Gesellschaft verbreitet und nicht nur in der AfD zu finden. Mit der Kundgebung zeigen wir, dass wir als Zivilgesellschaft nicht ruhen, bis die Gefahr, die von Rechtsextremismus und rechter Hetze ausgeht, gebannt ist“, erklärte Jakob Hagenberg vom Passauer Bündnis für Demokratie und Vielfalt schon im Vorfeld der Lichterkette.
Bei der vorgeschalteten Kundgebung im Klostergarten sorgte Julia Reihofer mit dem Gitarristen ihrer Band „Jump“ für musikalische Akzente. In den vier Redebeiträgen von Gemeinsam Leben und Lernen, Friday for Future, Letzte Generation und dem Evangelischem Dekanat ging es um die Gefährdungen unserer Demokratie und Vielfalt durch Rechts und rechten Populismus. Eine in Afghanistan geborene Rednerin erzählte von ihrer eigenen persönlichen Migrationserfahrung. Für den 8. Mai ist eine weitere Kundgebung für Demokratie und Vielfalt in Hauzenberg geplant.
Zwei Stimmen aus dem Helferteam der Lichterkette:
Caroline Nowecki: „Für mich ist der Erhalt der Demokratie und deren Werte wichtig. Eine Verantwortung, die wir unseren zukünftigen Generationen vorleben sollten und für die es sich lohnt auf die Straße zu gehen.“
Astrid Wilde: „Ich finde es schockierend, wenn ich in der PNP lese, wie mit jungen, ausgebildeten Pflegekräften aus Tunesien im Bayrischen Wald umgegangen wird. Sie leben „wie Sklaven“ war dort zu lesen, müssen eine überhöhte Miete für eine schlechte Unterkunft bezahlen und wenn sie sich wehren, wird ihnen sofort der Heimtransport mit dem nächsten Flieger angedroht. Einem Iraner wurde bei seiner Niedriglohn Arbeit in einem Sägewerk mit der sofortigen Abschiebung gedroht, wenn er nicht spurt, mit den Worten „oder freust du dich schon auf deine Beerdigung?“. Dazu wurde er ausgelacht…. Solange Menschen in Deutschland diskriminiert werden, setze ich mich für Gerechtigkeit, Respekt und Erhalt der Menschenwürde ein. Das scheint nicht selbstverständlich zu sein, obwohl es in unserem Grundgesetz verankert ist.
Hier der vielbeklatschte Redebeitrag von Dekan Jochen Wilde:
Liebe Freundinnen und Freunde der Demokratie,
vor einigen Tagen haben sich Angehörige und Nachkommen der NS-Widerstandskämpfer zu Wort gemeldet: „Aus der Geschichte lernen – die Demokratie stärken“.
Sie fordern alle Mitbürger*innen auf, der Neuen Rechten die Stirn zu bieten: „Die Populisten und Feinde der Demokratie schüren Ängste – sie schüren Misstrauen und Hass: auf die Medien, die Regierung, auf die sog. ‚Elite‘, auf Minderheiten, auf alle, die ‚anders‘ sind… - Wir haben in Deutschland schon einmal erlebt, wohin das führen kann – darum: Lasst uns aus der Geschichte lernen – und die Demokratie stärken. Lasst uns denen die Stirn bieten, die diese Demokratie zerstören wollen!“
Ich stehe heute hier:
● weil mir unsere Demokratie wichtig und wertvoll ist.
● Weil ich auch morgen noch in einer Gesellschaft und in
einem Land leben möchte: in der die Menschenrechte für alle gelten, und nicht nur für (Bio-)Deutsche;
● in der jede/r so denken, glauben, lieben und leben darf, wie er/sie möchte, so lange die Freiheitsrechte anderer nicht eingeschränkt werden;
● in der Menschlichkeit an erster Stelle steht – und nicht Menschenverachtung!
● Ich stehe heute hier, weil die Demokratie eine Wertegemeinschaft ist, und nicht nur ein Abstimmungssystem.
Eine Partei, die diese Werte mit Füßen tritt und bekämpft, ist keine demokratische Partei.
Die AfD ist keine demokratische Partei.
Sie missbraucht die parlamentarische Bühne für ihre rechtsextreme Hetze.
Deshalb braucht es dringend parlamentarische Regeln und Gesetze, dass diese Feinde der Demokratie nicht auch noch von Steuergeldern bezahlt werden.
Es müsste inzwischen doch auch dem Allerletzten klar sein, dass es dieser braunen Clique nicht um politische Lösungen geht – da muss man nur einmal auf ihre parlamentarischen Anträge schauen.
Es geht ihr einzig und allein um einen Systemwechsel, um die Beschädigung der Demokratie – und dem müssen wir uns mit allen Mitteln des Rechtsstaats widersetzen!
Ich will aber heute noch auf einen zweiten Punkt hinaus: „LICHTERKETTE GEGEN RECHTE HETZE“ lautet unser Motto.
Dabei will ich mich nicht weiter über die widerwärtigen und abstoßenden Äußerungen dieser gesichert Rechtsextremisten auslassen. Ich will auf einen anderen Punkt hinaus:
Hass und Hetze entstehen nicht von selbst – sie brechen nicht plötzlich auf; sie werden gelenkt und getriggert – und sie werden (bewusst oder unbewusst) verstärkt, weitergegeben und salonfähig gemacht…
Deshalb müssen sich endlich alle fragen, wer für dieses Klima der Demokratie- und Menschenverachtung verantwortlich ist – wer es befördert und toleriert.
Welchen Anteil nicht nur die Algorithmen haben, sondern etwa auch die Medien, wenn sie Schlagzeilen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit verbreiten!?
Welchen Anteil die Parteien und Politiker haben, die sich einen eigenen Nutzen davon versprechen, Populismus und Herabsetzung des politischen Gegners als Mittel zum Zweck einzusetzen.
● Wer sich treiben lässt von Ressentiments und von der Rhetorik der Demokratiefeinde – der leistet Hass und Hetze damit Vorschub, der ist mitverantwortlich für ein Klima der Demokratie- und Menschenverachtung!
● Wer nichts Besseres zu tun hat, als Gendersternchen zu verbieten – und gleichzeitig andere ständig als Verbotspartei zu labeln;
● wer davon faselt, man müsse sich die Demokratie zurückholen – obwohl er Teil des politischen Establishments ist – der gießt Öl ins Feuer und schadet unserer Demokratie.
● Wer immer noch so tut, als sei die Klimakrise ein Hobby von einigen irren Umweltaktivisten, um dem Rest der Gesellschaft die Freude am Leben zu vermiesen –
● wer nicht erkennen will, dass die Klimakatastrophe längst da ist – und uns alle angeht, alle Generationen, alle Familien, jede einzelne Person, und vor allem unsere Kinder und Enkel – der schlägt sich damit auf die Seite der Verschwörer und Faktenleugner…
Liebe Freundinnen und Freunde,
das Schlimmste an diesem Spektakel aus Desinformation und Ressentiment ist doch, dass es uns ablenkt von den gewaltigen Aufgaben, die es zu lösen gilt!
Es ist Zeit, dass wir uns als Gesellschaft endlich an die politischen, sozialen, ökologischen Krisen machen, die uns tatsächlich bedrohen!
Ich will schließen mit einem ebenso nachdenklichen wie politischen Gedicht, das Konstantin Wecker zu einem Lied verarbeitet hat. Es heißt: Was keiner wagt.
Was keiner wagt, das sollt Ihr wagen,
was keiner sagt, das sagt heraus,
was keiner denkt, das wagt zu denken,
was keiner ausführt, das führt aus.
Wenn keiner ja sagt, sollt Ihr´s sagen,
wenn keiner nein sagt, sagt doch nein,
wenn alle zweifeln, wagt zu glauben,
wenn alle mittun, steht allein.
Wo alle loben, habt Bedenken,
wo alle spotten, spottet nicht,
wo alle geizen, wagt zu schenken,
wo alles dunkel ist, macht Licht!
Wo alles dunkel ist, macht Licht! Deshalb zünden wir heute unsere Lichter an. Danke!