Ein starkes Signal gegen Rechts gab es am Sonntag, 25. Februar in Simbach am Inn. Rund 1000 Menschenversammelten sich auf dem Kirchplatz. Das Motto: Simbach ist bunt, Braunau ist bunt - für Demokratie. Unter den Redners waren auch der katholische Stadtpfarrer Joachim Steinfeld und der evangelische Pfarrer Christian Muschler.
Hier seine Rede:
Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Freundinnen und Freunde der Demokratie!
Es war im April 1945. Ein Zug fuhr durch Simbach. Gestartet war er im KZ Buchenwald, sein Ziel war das KZ Dachau. Bevor die Fahrt begann, waren etwa 4500 Menschen in die Waggons gezwängt worden. Als der Zug drei Wochen später in Dachau ankam, wurden etwas über 800 Überlebende gezählt. Die meisten der Häftlinge waren verhungert oder von der SS-Mannschaft ermordet worden.
Für uns sind die Verbrechen, die dabei geschehen sind, und andere Verbrechen der Nationalsozialisten kein „Vogelschiss“ in der Geschichte unseres Landes, wie es der einstige Vorsitzende der AfD sagte.
Gegen die Verharmlosung des Nationalsozialismus wehren wir uns.
Wir tun dies auch deshalb, weil wir sehen, was eine solche Verharmlosung bezweckt: Nämlich nationalistisch-völkisches Denken wieder gesellschaftsfähig zu machen.
Aber nicht mit uns! Wir stehen auf gegen alles Versuche, völkisches Denken zu etablieren! Gegen die Träume der Ewiggestrigen, die sagen: „Endlich wieder!“, sagen wir: „Nie wieder!“
Eine Antwort auf die Katastrophe des Nationalsozialismus war unser Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“. Das ist mit das Beste, das Schönste, das Wertvollste, was in der Geschichte unseres Landes formuliert wurde!
Dass unser Staat sich nicht einer Nation, sondern der Würde des Menschen verschrieben hat, davon darf keinen Millimeter abgewichen werden. Daran darf nicht gerüttelt werden! Darum stehen wir hier!
Für den christlichen Glauben ist Menschlichkeit nicht ein Wert neben anderen. Dazu ist sie ihm zu wichtig. Für ihn ist Menschlichkeit in Gott selbst verankert. Dieser Tatsache sind die Kirchen selber in der Vergangenheit nicht immer gerecht geworden. Dennoch oder gerade deshalb ist die Pflicht der Kirchen, Nein zu sagen!
Nein zur Sprache der AfD, die die Menschen anderer Herkunft und Religion verächtlich macht und entmenschlicht!
Nein zu jedem politischen Programm, das Vielfalt als Gefahr sieht und die homogene Volksgemeinschaft propagiert.
Nein zu allen Versuchen, unsere Demokratie zu destabilisieren!
Nein zu irgendwelchen unsäglichen Deportationsplänen. Als ich von ihnen hörte, habe ich mich geschämt. Ich habe keinen Zweifel: Viele sind heute auch deshalb gekommen, um denen ihre Solidarität auszusprechen, denen Rechtsextremisten ihre Würde absprechen. Das ist ja das Schlimme dieser Ideologie: Sie wendet sich gegen Menschen in unserer Mitte. Ihnen gilt unsere Solidarität!
Die deutsche Bischofskonferenz erklärte am Donnerstag, dass „rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern“, für Christen nicht wählbar seien. Ich danke der katholischen Kirche für diese eindeutige Positionierung. Ich verstehe diese Positionierung als ein Alarmsignal, das sagt: Die Lage ist ernst. Unsere Demokratie ist bedroht.
Darum kann ich es nicht mehr nachvollziehen, wenn Menschen aus Protest AfD wählen. Wer so wählt, wählt eine Partei, in der völkisches, demokratiefeindliches Denken die Überhand gewonnen hat. Der wendet sich gegen den freiheitlichen Rechtsstaat.
Eine Bitte möchte ich hier äußern. Sie gilt den demokratischen Parteien. Ich weiß, dass der politische Streit notwendig ist. Eine Demokratie braucht ihn. Aber darunter darf eines nicht leiden: Der Respekt und die Solidarität unter Demokraten!
Lange Zeit dachte ich, dass Menschenrechte und Demokratie sich gleichsam von selbst durchsetzen würden. Inzwischen musste ich lernen: Menschenrechte und Demokratie sind keine Selbstläufer. Wir müssen sie verteidigen.
Darum: Danke, dass ihr gekommen seid!