Gartenschätze

Kräuterpädagogin Siglinde Eder
Bildrechte Maria Irl

Ein Gespräch mit der Kräuterpädagogin Siglinde Eder

Über den Schatz, den Gärten bedeuten hat Pfarrer Christian Muschler aus Simbach am Inn mit der Kräuterpädagogin Siglinde Eder auf ihrem Anwesen ein Gespräch geführt. Ihr Haus mit prächtigem Garten befinden sich in Reut in der Nähe der dortigen Kirche. 

Christian Muschler: Liebe Frau Eder, was macht für Sie einen Garten zu einem Schatz?

Siglinde Eder: Das finde ich am Besten in einem Lieblingsspruch von mir wiedergegeben. Er heißt: „Der Garten ist der letzte Luxus unserer Tage, denn er fordert das, was in unserer Gesellschaft am Kostbarsten geworden ist: Zeit, Zuwendung und Raum.“ Es ist ganz besonders die Zeit, was einen Garten kostbar macht. Man muss einfach viel Zeit in ihn investieren, wenn man einen Garten als Schatz haben will. Pflegeleichte Gärten gibt es nicht. Es gibt da ein Sprichwort: Ein Garten will seinen Gärtner täglich sehen. Anders geht`s nicht.

C.M.: Ich vermute aber, dass der Garten für Sie nicht nur Arbeit ist. 

S.E.: Ja; wenn man den Garten nur noch als Arbeit sieht, dann braucht man keinen Garten. Natürlich ist Garten immer auch Arbeit. Aber wenn man nur noch die Arbeit sieht, ist man auf dem verkehrten Weg. Der schönste Tag für mich ist, wenn Ferien sind und ich schon früh am Morgen in den Garten gehen und mich in ihm aufhalten kann. Dann bleib ich bis zum Abend im Garten. Mich nur in den Garten setzen, kann ich aber nicht. Dazu bin ich viel zu unruhig. Ich will dann schon was tun. Das ist für mich das Liebste. 
Natürlich ist ein Garten auch etwas Schönes zum Ansehen. Ein Ruhepol. Und wenn auch die Tiere gerne in ihm sind, dann kann der Mensch sich in ihm nur wohlfühlen. Da kommt man dann runter. Gartenarbeit ist für mich immer auch Entspannung. 
Zum Schatz eines Gartens gehört für mich aber auch, dass er eine Vielfalt anbieten kann, die man draußen so oft nicht mehr findet. Viele Wiesen sind ja oft Monokultur. Wenn man natürliche Vielfalt haben will, dann muss man sie sich im Garten selber schaffen.

C.M.: Wie kam es, dass Sie sich in der Gartenthematik so gut auskennen?

S.E.: Ich habe in einer Gärtnerei gelernt und in zwei Gärtnereien gearbeitet. Als die Kinder kamen, habe ich dann erst einmal aufgehört. Ich hätte gerne die Meisterprüfung gemacht. Was sich aber aus privaten Gründen nicht verwirklichen ließ. In der Zwischenzeit hat sich aber dann die Arbeit in den Gärtnereien geändert. Als ich gelernt habe, haben wir noch ausgesät, pikiert und Pflänzchen gezogen. Wir hatten zudem eine große Palette von Pflanzen, darunter Gemüse, Zierpflanzen oder auch Schnittblumen. Wir haben eigentlich alles gehabt. Heutzutage haben kleinere Gärtnereien noch eine breite Palette, brauchen aber keinen Gärtner mehr, meistens nur Hilfskräfte. Und die großen Gärtnereien beziehen vieles von anderen Gärtnereien, topfen es ein und verkaufen weiter. Da ist vieles industrialisiert. Das war für mich Grund, die Ausbildung zur Kräuterpädagogin zu machen.

C.M.: Was ist Ihnen an der Kräuterpädagogik wichtig?

S.E.: Dass man das Wissen über die Natur weitergibt. Da ist so vieles verloren gegangen. Das fing schon in der Generation vor uns an. Und in unserer Generation ist kaum noch Wissen vorhanden. Wenn man den Menschen nahebringt, wozu eine Pflanze gut sein kann, dann gehen sie mit ihr anders, bewusster um: Eine Brennnessel ist für viele zunächst einmal Unkraut und muss aus dem Garten raus. Aber wenn die Menschen wissen, dass man die Brennnessel auch als Tee trinken kann, dann bleibt sie vielleicht stehen. Man schützt letztlich nur das, was man kennt. Indem ich den Menschen dieses Wissen gebe, hoffe ich, dass sie etwas mehr zurück zur Natur kommen und diese pfleglicher behandeln. Das ist auch der Grund, weshalb ich gerne in Kindergärten und Schulen gehe. 

C.M.: Zu den Kräutern gehören auch viele Heilpflanzen …

S.E.: Da ist mir das Wichtigste, dass die Teilnehmer meiner Angebote die Heilpflanzen kennenlernen; viele sind sich unsicher, wie welche Pflanze nun genau aussieht. Empfehlungen bei gesundheitlichen Problemen darf ich allerdings keine aussprechen. Ich bin ja keine Heilpraktikerin oder Apothekerin. 
Was Kräuter und Heilpflanzen anbetrifft, merke ich, dass derzeit das Interesse gerade auch unter den jungen Leuten wächst. Sie haben gemerkt, dass vieles im Umgang mit der Natur schiefgelaufen ist und wollen wieder mehr über die heilende Kraft der Natur wissen. Das ist mittlerweile mein Hauptanliegen, den Menschen zu helfen, die Pflanzen wieder zu erkennen. Und es macht schon was aus, wenn man die Pflanze in Händen halten, an ihr riechen oder am Blatt reiben kann. 

C.M.: Wie sind Sie zur Kräuterpädagogin ausgebildet worden?

S.E.: Hier muss man wissen, dass dieser Begriff nicht geschützt ist. Ich habe mich damals im Landwirtschaftsamt in Deggendorf ausbilden lassen. Die Ausbildung erfolgte in Kooperation mit der Gundermannschule, die das Konzept einer Kräuterpädagogik entwickelt hat: Botanik, Pflanzenkunde und auch Pädagogik waren Themen der Ausbildung. Die Ausbildung hat in etwa ein Jahr gedauert. Und natürlich hat es dann auch eine Prüfung mit einem theoretischen und praktischen Teil gegeben. Aber es gibt inzwischen ganz unterschiedliche Ausbildungsangebote: Manche dauern nur ein Wochenende, manche ein Jahr. Was mir selber hierbei wichtig ist: Mich immer wieder weiter fortzubilden.

C.M.: Wie vermitteln Sie Kompetenzen im Bereich der Kräuterpädagogik? 

S.E.: Die Großzahl meiner Angebote sind Führungen, die in der Regel hier auf dem Anwesen erfolgen. Zum Beispiel zum Thema Wildkräuter biete ich meist monatlich eine Führung an. Außerdem habe ich fast wöchentlich eine Gruppe da, die sich zu einer Führung anmeldet, zum Bespiel Gartenbauvereine oder Frauenbund-Gruppen. Manchmal fahr ich auf Wunsch zu bestimmten Orten, um über die dortigen Kräuter zu informieren. Immer wieder werde ich auch von Schulen eingeladen. Oder ich halte Vorträge – beispielsweise bei Gartenbauvereinen. Zu meinen Angeboten gehören aber auch Kurse, in denen es ums Weidenflechten, Naturkosmetik oder das Ansetzen von Kräuterölen geht. 

C.M.: Eine letzte Frage: Was ist Ihnen bei Ihrem Garten wichtig?

S. E.: Ich habe zwar einen zertifizierten Naturgarten. Aber ich will keine Wildnis. Der Garten ist in seiner Gestaltung von mir gelenkt. Zum Beispiel soll er schon etwas fürs Auge hergeben. Blüten sollen darum das Jahr über in meinem Garten zu sehen sein. 

C.M.: Danke für das Gespräch!