Einen direkten Draht nach Wien zu Theologieprofessor Ulrich Körtner hatte der Passauer Dekanatskonvent zum Thema „Christliche Friedensethik“.
„Wir brauchen in der evangelischen Kirche eine neue Diskussion zu Friedensethik“, das forderte Theologieprofessor Ulrich H.J. Körtner von der Universität Wien in einem Vortrag bei der Dekanatskonferenz im evangelischen Dekanat Passau. Dekan Jochen Wilde hatte den Professor für systematische Theologie eingeladen per Zoom ein Impulsreferat zum Thema „Christliche Friedensethik vor neuen Herausforderungen“ zu halten.
Nach dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine habe Putin die nach dem Zerfall der Sowjetunion entstandene neue Sicherheitsordnung unwiderruflich zerstört. Vor diesem Hintergrund sei die 2007 erschienene Denkschrift zur Friedenethik der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu überarbeiten. Darin hatten die Autoren, so Körtner die nukleare Erpressung, wie sie Putin jetzt versucht, nicht im Blick.
Die evangelische Friedensethik habe sich in Richtung einer radikal pazifistischen Theologie entwickelt. Man wollte Jesus mit „aktivem Gewaltverzicht“ folgen. Professor Körtner argumentiert dagegen unter anderem mit Martin Luther. Dieser habe zwar Angriffskriege verurteilt, Verteidigungskriege aber gerechtfertigt. „Gegen das 5. Gebot (Du sollst nicht töten) verstoße nicht nur, wer einen anderen angreift oder gar töte, sondern auch der, der tatenlos dem Angriff auf Unschuldige und ihrer Tötung zuschaut.“
Kriege im Namen Gottes zu führen sei allerdings Blasphemie, sagte der Theologieprofessor. Eine religiöse Überhöhung des Krieges wie es der Moskauer Patriarch Kyrill I. propagiert, sei zu verurteilen. Der Feind des Westens sei auch nicht das russische Volk, wohl aber seine Führung. Und wer Jesu Gebot, seine Feinde zu lieben, befolgen will, muss überhaupt wissen, wer seine Feinde seien und wer nicht.
Text und Foto: Hubert Mauch